Hier finden Sie alle Pressemitteilungen rund um das Thema „Toiletten für alle in Baden-Württemberg“.
11.10.2024
Ausgezeichnet!
Inklusion Plus Award 2024 für das Projekt „Toilette für alle in Baden-Württemberg“
20.04.2024
Frühlingsfest für alle auf dem Cannstatter Wasen? Die „Toilette für alle“ macht es möglich!
11.04.2024
Bad Dürrheim: Erste „Toilette für alle“ im Schwarzwald-Baar-Kreis im „Treff am Park“ eröffnet
07.05.2022
Stadt – Land – Fluss: Landesgartenschau in Neuenburg am Rhein mit einer „Toilette für alle“
19.11.2021
„Toilette für alle“ in der Süßener Begegnungsstätte eröffnet – erste im Landkreis Göppingen
18.11.2021
Inklusion im Sport: „Toilette für alle“ in der Großsporthalle SNP dome in Heidelberg eröffnet
28.07.2021
Cleebronn: Erlebnispark Tripsdrill ist landesweit erster Freizeitpark mit einer „Toilette für alle“
09.07.2021
Leingarten: Inklusives Badeerlebnis mit einer „Toilette für alle“ jetzt auch im Eichbottbad
06.10.2020
Heute ist Welt-Cerebralparese-Tag!
29.07.2020
Inklusion trifft Kultur:
„Toilette für alle“ im Museum „Altes Rathaus“ in Leingarten eröffnet
12.03.2020
Inklusion und Sport:
Neue Dreifeldhalle der Freiburger Turnerschaft von 1844 mit „Toilette für alle“
10.01.2020
Ein weiterer Schritt zur Barrierefreiheit: „Toilette für alle“ im Rathaus Abtsgmünd eröffnet
26.04.2018
„Toilette für alle“ in den Forderungskatalog für eine inklusive Bodenseeregion aufgenommen
20.03.2018
Zwei „Toiletten für alle“ in Esslingen eröffnet – ein weiterer Schritt zu einer inklusiven Stadt
Illingen: „Toilette für alle“ im Harry-Keller-Haus eröffnet
Illingen, 13.11.2023 – Jede weitere „Toilette für alle“ ist ein Baustein für Inklusion. Das Regenwetter konnte daher die Freude über die Eröffnung der „Toilette für alle“ im Harry-Keller-Haus nicht trüben. Es ist die vierte im Enzkreis und der 94. Standort in Baden-Württemberg.
Ergebnis gemeinschaftlichen Wirkens
„Die „Toilette für alle“ zeigt, was möglich ist, wenn Menschen sich zusammentun und jeder seinen Beitrag bringt“, so Gabriele Weber, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Caritasverbandes Pforzheim. Im neuen Harry-Keller-Haus sind 26 Menschen mit mehrfachen Behinderungen zuhause und haben dort auch ihren Arbeitsplatz. Räumlich abgegrenzt vom Wohnheim gibt es im Erdgeschoss einen Raum für ein Integrationscafé, das die Begegnung zwischen Menschen mit und ohne Behinderung fördern soll. Das Konzept sieht vor, dass sich das künftige Café zum Treffpunkt für die Einwohner Illingens, die Ausflügler vom nahe gelegenen Wasserspielplatz und des Enzradwegs entwickelt. Am beliebten Wasserspielplatz fehlen Toiletten, was viele Familien bereits bemängelt haben. Auf der Suche nach einer Lösung kam das Harry-Keller-Haus ins Spiel. Die Caritas habe angeboten, die Toiletten des künftigen Integrationscafés als quasi öffentliche WC-Anlage zu öffnen.Gemeinderat Klaus Kluge berichtete, dass Gemeinderat und Gemeindeverwaltung von dem Konzept überzeugt waren und sich daher mit 5.000 Euro an der Schaffung der für alle zugänglichen Toilettenanlage beteiligt haben. So entstehe eine „Win-Win-Situation“. „Das ist eine gute Investition“, so Kluge nach der Besichtigungstour.
Konkreter Beitrag zur Teilhabe
Eine „Toilette für alle“ ist ein konkreter Beitrag zu Inklusion und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft“, so Jutta Pagel-Steidl, Geschäftsführerin des Landesverbandes für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden-Württemberg (LVKM). Der Verband ist im Auftrag des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration unterwegs, um interessierte Bauherren von der Idee bis zur Umsetzung zu beraten. „Das Land Baden-Württemberg ist bundesweit das einzige Bundesland, das die Zusatzausstattung einer „Toilette für alle“ finanziell fördert. Rund 11.100 Euro kostete die erforderliche Zusatzausstattung bestehend aus höhenverstellbaren Wandklappliege für Erwachsene, Patientenlifter für den Transfer vom Rollstuhl auf die Liege und zurück sowie einem luftdichten Windeleimer. An den Kosten beteiligt sich das Land mit rund 10.000 Euro, so dass der Caritasverband nur noch rund 1.100 Euro Eigenmittel einbringen musste.
Pagel-Steidl erläuterte, dass die Idee der „Toiletten für alle“ aus England stamme und dort „changing place toilets“, also „Orte zum Wechseln“ genannt werde. „In England sind diese Serviceeinrichtungen verpflichtend in den Baubestimmungen geregelt – im Unterschied zu Deutschland.“ Die Zahl der Menschen, die auf ein solches Serviceangebot angewiesen sind, ist größer als man gemeinhin annimmt. Schätzungen zufolge sind allein in Baden-Württemberg rund 380.000 Menschen betroffen. Dazu zählen Menschen mit schweren Behinderungen, die von Geburt an oder durch Unfall oder Krankheit im Laufe des Lebens betroffen sind. Schlaganfall, eine schwere Krebserkrankung oder auch Multiple Sklerose oder einfach nur des hohen Alters wegen, können Gründe dafür sein. „Inkontinenz ist immer noch ein Tabuthema und auch eine nicht sichtbare Einschränkung“, so Pagel-Steidl. Ohne eine „Toilette für alle“ müsse der Windelwechsel beispielsweise auf dem Fußboden einer öffentlichen Toilette stattfinden und das sei einfach menschenunwürdig. Sie freue sich, dass man bei der Planung des Neubaus von Anfang an eine öffentliche „Toilette für alle“ vorgesehen habe.
„Toilette für alle“ ist für Menschen mit Behinderungen ein Segen
„Es ist relativ unkompliziert, beim Neubau von Anfang eine besonders große „Toilette für alle“ einzuplanen im Unterschied zu Bestandsgebäuden“, bekräftigte Bruno Kohl, Vorsitzender des Vereins Förderung Behinderter Pforzheim. Als Vater einer inzwischen erwachsenen mehrfachbehinderten Tochter kennt er die alltäglichen Schwierigkeiten nur zu gut. „Als sie klein war, war es relativ unkompliziert einen Platz zu finden. Aber ab einem bestimmten Alter geht das einfach gar nicht, im Freien oder im Auto die Tochter zu wickeln. Da fehlt komplett die Privatsphäre und das ist menschenunwürdig. Ein Ausflug mit der ganzen Familie wird da fast unmöglich. Jede „Toilette für alle“ mehr ist daher ein Segen für Menschen mit Behinderungen.“ Das findet auch Mohamed Zakzak, Beauftragter für Menschen mit Behinderungen der Stadt Pforzheim und selbst Rollstuhlfahrer. „Wenn man das erste Mal im Hebetuch sitzt und sich von Assistenten mit dem Patientenlifter vom Rollstuhl auf die Pflegeliege befördern lässt, ist das ungewohnt. Das kann vielleicht abschrecken. Aber man gewöhnt sich dran und es ist wirklich angenehm.“ Um den Gästen der kleinen Eröffnungsfeier zu zeigen, was das Besondere einer „Toilette für alle“ ist, ließ sich Zakzak spontan „liften“. Bei der praktischen Vorführung wurde deutlich, weshalb auch eine mit rund 5,5 qm große barrierefreie Toilette zu klein ist. Es fehlt schlicht die notwendige Bewegungsfläche für Assistenten und Rollstuhl. „In England heißt die Vorgabe 12 qm. „Bei einem gut durchdachten Grundriss und entsprechender Ausstattung reichen auch rund 7 qm“, so Pagel-Steidl und lud die Anwesenden ein, für die Schaffung weiterer „Toiletten für alle“ zu werben. „Vier Standorte im Enzkreis und 94 im Land sind schon viel, aber noch lange nicht ausreichend, um den Bedarf zu decken.“
INFO
Die rund 9 qm große Rollstuhl-Toilette im Integrationscafé des Harry-Keller-Hauses (Mühlstraße 17-21/2, Illingen) ist zusätzlich ausgestattet mit einer höhenverstellbaren Wandklappliege, einem Deckenlifter und einem luftdicht verschließbaren Windeleimer. Die „Toilette für alle“ ist täglich von 8 bis 20 Uhr zugänglich über den Haupteingang zugänglich. Ein Schlüssel ist nicht erforderlich.
Im Herzen Illingens entstand das neue Harry-Keller-Haus mit Wohn- und Arbeitsplätzen für Menschen mit schweren Behinderungen, einer angeschlossenen Begegnungsstätte mit öffentlich zugänglichen Toiletten...
Foto: © Mara Sander
...bereits vom Hauseingang fällt der Blick auf die Begegnungsstätte, in dessen Raum eine Integrationscafé geschaffen wird.
Foto: © Mara Sander
Fachsimpeln unter Experten: LVKM-Geschäftsführerin Jutta Pagel-Steidl im Gespräch mit dem Behindertenbeauftragten der Stadt Pforzheim, Mohamed Zakzak
Foto: © Mara Sander